
Keinen Schritt zurück: Schwäbisch Gmünd gemeinsam gegen Antifeminismus und gesellschaftlichen Rollback
Für Selbstbestimmung und ein freies Leben und Lieben!
Demonstration
Kommt zur Demonstration gegen das Vernetzungstreffen der bundesweiten rechtsklerikalen Szene im Schönblick in Schwäbisch Gmünd.
Samstag, 10. Mai 2025, 12 Uhr,
Oberer Marktplatz – Schwäbisch Gmünd
Anreisen:
- Stuttgart: Treffpunkt 10:30 Uhr an Gleis 13
Weitere Infos demnächst hier >>

Vom 9. Bis 11. Mai versammelt sich im Schönblick in Schwäbisch Gmünd nun bereits zum zweiten Mal die selbsternannte „Lebensschutz“-Szene zum bundesweiten Vernetzungskongress unter dem wohlklingenden Motto „Leben.Würde“.
Wie bereits im Oktober 2022 verbirgt sich dahinter, die politische Vernetzung jener klerikalen Akteure, die in Deutschland das körperliche Selbstbestimmungsrecht von Frauen, die sexuelle Selbstbestimmung sowie errungene Freiheitsrechte der Frauen-, Homosexuellen und Queerbewegung aktiv zurückdrehen wollen. Von der überwiegend katholischen „Aktion Lebensrecht für alle“ (ALfA) oder der „Evangelische Allianz in Deutschland“ (der deutsche Arm der amerikanischen evangelikalen Bewegung) bis hin zum „Bundesverband Lebensrecht“ – dem Dachverband der sogenannten „Lebensschutz“-Organisationen in Deutschland. Diese sogenannte „Lebensschutz“ – Bewegung beheimatet vor allem konservative und rechte klerikale Kräfte, die eine fundamentale Auslegung der Bibel propagieren. Die wörtliche Auslegung der „Heiligen Schrift“ und ihrer Lehren soll zum allgemeinen Fundament gesellschaftlichen Handelns werden. Damit versteht sie sich explizit als politischer Akteur, der auf möglichst vielen Ebenen versucht, seine Positionen zu verankern und durchzusetzen. Sie möchten nicht nur die Zugänge zu Schwangerschaftsabbrüchen erschweren. Sie führt auch einen Kulturkampf zur Retraditionalisierung der Geschlechter- und Familienverhältnisse, um christliche Moral und das ärztliche Gewissen.
Hierfür nutzt sie verschiedene Methoden der Einflussnahme:
So stehen sogenannte „Lebensschützer“ mit Plastikembryos vor Kliniken, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen und betreiben gezielte Einschüchterung von Schwangeren und Sozialarbeiterinnen vor Beratungsstellen. Auf juristischer Ebene bringen sie Klagen unter dem Deckmantel der Religions- und Gewissensfreiheit bis vor internationale Gremien wie den europäischen Gerichtshof um Schwangerschaftsabbrüche zu kriminalisieren oder überziehen Ärztinnen in Deutschland massenhaft mit Anzeigen. Gleichzeitigt verfügt die Bewegung über ihre eigenen Mediennetzwerke, von Verlagen, Zeitschriften bis hin zu Fernsehformaten und betreibt hierüber gezielte Desinformationskampagnen bis hin zur Erfindung des medizinisch widerlegten „Post-Abortion-Syndroms“. Auch politisch versucht die Bewegung ihren Einfluss geltend zu machen. So verfügt die „Anti-Choice-Lobby“ über mächtige Vertreterinnen in wichtigen Positionen die direkt an gesellschaftspolitischen Entscheidungen mitwirken. Internationale Vernetzung, Organisation und Finanzierung geben ihnen entsprechenden Rückhalt. Dieser politische Einfluss zeigt sich im Großen, in der von langer Hand geplanten strategischen Platzierung von Richterinnen der „ProLife“ – Bewegung am höchsten Gerichtshof der USA. Der politische Einfluss zeigt sich aber auch im Kleineren wie bspw. in der Forderung nach dem Entzug staatlicher Mittel für beratenden Stellen wie Pro Familia in Deutschland oder auf der Straße an den sogenannten „Märschen fürs Leben“ an denen sich Politiker*innen über CDU bis hin zu SPD beteiligen und dort gemeinsam sowohl mit AfD als auch offen neonazistischen Gruppierungen wie der „Identitären Bewegung“ marschieren. Denn auch wenn der Kern der Bewegung nach wie vor die Abschaffung des legalen Schwangerschaftssabbruchs ist, besetzen sie mittlerweile auch andere Themenaspekte die erhebliche Schnittmengen mit der politischen Rechten aufweisen. Sie stellen sich unter anderem gegen die Rechte von Homosexuellen und Queeren Menschen, gegen reproduktive medizinische Forschung und Pränataldiagnostik, gegen Sterbehilfe, gegen die Demokratisierung der Kirche, gegen nicht-christliche Religionsgemeinschaften wie bspw. Muslime, leugnen den Klimawandel und stellen sich gegen Umweltbewegungen. Damit ist die sogenannte „Lebensschutz“-Bewegung Teil eines weltweiten konservativen bis extrem rechten, in Teilen antidemokratischen Aufschwungs.
Wohin dieser Aufschwung führen kann, wenn man sie lässt, können wir aktuell in den USA sehen, wo in weiten Teilen des Landes Frauen bereits heute keinen Zugang und kein Recht mehr auf einen sicheren Schwangerschaftsabbruch haben und wo ein Trump in den Evangelikalen seine treuste Wählergruppe und die MAGA (Make America Great Again-) Bewegung ihre Mitgliederbasis hat. Allein seit Januar dieses Jahres sind in den USA insgesamt 527 Frauen- und Queerfeindliche Gesetze verabschiedet worden. Darunter die Abschaffung der geschlechtlichen Selbstbestimmung, die Aufkündigung von Aufklärungs- und Bildungsarbeit an Schulen, die Abschaffung von Antidiskrimininierungsgesetzen- und Schutzprogrammen, die Angriffe auf die Unabhängigkeit der Wissenschaft durch die Ankündigung der Streichung von Genderstudies (sowie Klimaforschung, Impfforschung, etc.) aus Universitäten, die Kürzung von Mitteln für medizinische Forschungszwecke, das Verbot der Teilnahme an Sportveranstaltungen für Transpersonen bis hin zum nationalen Einreiseverbot. Damit einhergeht eine gesellschaftliche Verrohung und steigende Gewalt gegen all diejenigen die entweder optisch oder persönlich nicht in die „traditionellen“ (meint: in weiße, konservativ christliche) Geschlechtervorstellungen oder Lebensmodelle passen.
Kurzum: Unter dem Deckmantel des vermeintlichen „Lebensschutzes“ und der Selbstinszenierung als „Hüter von Leben und Moral“ stehen die Akteure der „Pro Life“ in den USA wie die der „Lebensschutz“-Bewegung in Deutschland, für eine Politik, welche all jenen Menschen Grundrechte abspricht, die sich nicht in tradierte Rollen und starre Gesellschaftsstrukturen einfügen wollen/können. Was sie eint, ist der Wunsch nach einer „alten Ordnung“, nach einem Zurück zu traditionellen Geschlechter- und Familienbildern in einer reaktionären, patriarchalen und autoritären Gesellschaft. Der Schönblick in Schwäbisch Gmünd ist der Ort der dieser „Vernetzung von Lebensrechtlern“ bereitwillig dienen und an dem damit der gesellschaftliche Rollback in Deutschland gestärkt und organisiert werden soll.
Doch da stellen wir uns dagegen!
Keinen Schritt zurück – sondern gemeinsam endlich einen Schritt voran!
Bereits im Jahr 2022 haben wir diesem Vernetzungskongress der rechts-klerikalen Bewegung eine breite Mobilisierung, zahlreiche Infoveranstaltungen und eine Demonstration entgegengehalten. Am 10. Mai wollen wir daran anknüpfen und sehen die Proteste gegen die „Lebensschutz“-Bewegung und ihren Kongress im Schönblick gleichzeitig auch eingebettet in einen notwendigen Protest für den Erhalt und Ausbau gesellschaftlicher Errungenschaften – gerade in Zeiten des sozialen Kahlschlag und gesellschaftlichen Rechtsrucks. Bereits jetzt führen rechte Hetze und Antifeminismus zu steigenden Angriffe auf Frauen und Queere Menschen, bereits jetzt führen Kürzungen und leere Kassen zur Einstampfung von sozialen Unterstützungsangeboten und zu mangelnder medizinischer Versorgung – gerade auf dem Land. Angesichts der angekündigten Kürzungen im Sozialhaushalt – sowohl bundesweit als auch konkret in Schwäbisch Gmünd – fürchten wir um den Verlust weiterer notwendiger sozialer Angebote und Infrastruktur. Bereits jetzt sind es vor allem Frauen – egal ob Alleinerziehend oder in Partnerschaft die sich hauptsächlich um die Sorge und Erziehung von Kindern kümmern. Bereits jetzt ist die Frage der Entscheidung vor allem eine wirtschaftliche. Anstatt also die Vorstellung eines guten Lebens auf ein vermeintliches Jenseits zu verschieben, gilt es für uns, sich bereits im Hier und Heute für ein gutes Leben für alle einzusetzen und die Forderung für körperliche Selbstbestimmung mit der Forderung nach einer solidarische Gestaltung der Gesellschaft zu verbinden.
Deshalb kommt zur Demo am Samstag, den 10. Mai in Schwäbisch Gmünd!
Für eine Gesellschaft,
in der die Gewalt gegen Frauen, homosexuelle und queere Menschen der Vergangenheit angehört und in der wir über unseren Körper, unser Leben und darüber wen wir lieben selbst entscheiden können.
Für eine Gesellschaft,
in der die Bedürfnisversorgung, Erziehung und Pflege von Menschen nicht mehr auf dem Rücken von Frauen abgeladen wird, sondern von allen getragen und gemeinsam organisiert wird.
Für eine Gesellschaft,
in der die Arbeit dem Lebenserhalt für alle Menschen dient und nicht der Profiterwirtschaftung für einige Wenige und
Für eine Gesellschaft,
in der die Sorge und Versorgung für alle Menschen gesichert ist und nicht mehr abhängig ist von Geldbeutel, Geschlecht oder Pass.
Das bedeutet Leben. Das bedeutet Würde.
In diesem Sinne: Keinen Schritt zurück – sondern Endlich einen Schritt voran!
Für Selbstbestimmung und ein freies Leben und Lieben!
Fraueninitiative Schwäbisch Gmünd, April 2025
www.keinenschrittzurueck.org